Evangelischer Singkreis Bruchköbel feiert zwei Jubiläen mit Festgottesdienst
Konzert, Jubiläumsfeier mit zwei Ehrungen und Gottesdienst zusammen – das kommt auch in der aktiven Jakobusgemeinde Bruchköbel eher selten vor. Anlass für diese außergewöhnlichen Festgottesdienst mit anschließender Feier war das 100-jährige Bestehen des evangelischen Singkreises Bruchköbel. Zugleich mit dem Kirchenchor geehrt wurde Werner Demuth, der sich seit 50 Jahren ehrenamtlich als erster Vorsitzender im Kirchenchor engagiert. Pfarrer Dr. Martin Abraham und Holger Siebert feierten die Jubiläen am vergangenen Sonntag mit einem Gottesdienst, musikalisch gestaltet durch Posaunenchor und Singkreis. Bürgermeisterin Sylvia Braun und Dekan Dr. Martin Lückhoff sprachen Grußworte.
Die Ehrungsurkunden der Landeskirche überreichte Pfarrer Dr. Martin Abraham an Gerhard Birkenstock, den Leiter des Singkreises und an Werner Demuth. Ihm heftete Pfarrer Abraham außerdem die goldene Ehrennadel ans Revers mit den Worten: „Ich war drei Jahre alt, als Herr Demuth dieses Amt übernommen hat.“ Zu den Besonderheiten des Singkreises gehört auch, dass Werner Demuth nach Heinrich Staudt (1924 – 1948) und Heinrich Demuth (1948 – 1973) der dritte Vorsitzende in der 100-jährigen Geschichte des Vereins ist.
Unter der Überschrift „Singkreis – gestern und heute“ wurde diese Zeitspanne veranschaulicht durch die unterhaltsame Dialog-Predigt der Gemeindepfarrer Siebert und Abraham, der als Pfarrer Kienzler im Jahr 1923 in Erscheinung trat.
„Kienzler“ konnte berichten, dass es bereits 1910 einen ersten Anlauf zur Gründung eines Kirchenchores gab, die jedoch nicht so richtig gelingen wollte. Dann kam der Krieg, die Männer wurden eingezogen, die Frauen blieben alleine und mit viel Arbeit zurück. Auch nach dem Krieg sei es nicht viel besser geworden, Armut, Hunger, die spanische Grippe und eine Hyper-Inflation drückten die Menschen schwer. Dennoch wurde 1923 in genau dieser Situation der Kirchenchor gegründet. 1974 benannte er sich in Evangelischer Singkreis um. Bei allen Veränderungen in 100 Jahren, der Beweggrund, warum Menschen im Kirchenchor singen, hat sich nicht verändert, ist nicht veraltet. In Psalm 100, also bereits im Alten Testament, wird es deutlich. Menschen singen für Gott, sie singen für sich selbst und sie singen für ihre Nächsten. Neu ist, dass heute zum Lob Gottes in vielen Sprachen, in Englisch, Französisch, Deutsch und nach wie vor in lateinischer Sprache gesungen wird. Lieder wie „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ bringen Dank und Lob zum Ausdruck, die Freude über das Leben und das Werk Gottes. „Lobe den Herrn meine Seele“, ist eines dieser traditionellen Lieder, „Pray the Lord“ passt besser in die heutige Zeit. Ob traditionell oder modern, Gott schenkt den Menschen Musik. Musik, die den Menschen gut, die sie hält, die ihnen Trost spendet oder ihre große Freude zum Ausdruck bringt. Trost steckt tief in der Musik, ebenso wie der unbändige Jubel und die Freude. In der Musik kann zum Ausdruck kommen, was oft nicht in Worte gefasst werden kann. Kirchenmusik verbindet mit Gott, man lebt in der Gewissheit und Geborgenheit: „Du bist nicht allein.“
Lieder erklingen nicht nur zum Lob Gottes oder zur eigenen Freude, sondern auch für den Nächsten. „Menschen brauchen Menschen, die singen.“, sagen die Pfarrer. „Unser Nächster braucht unser Lied.“ Musik kann Veränderung bewirken, sie kann Freude und Leid mittragen für andere. Und Musik erreicht die Menschen anders als Worte, als eine Predigt. Wie Kirchenmusik Menschen in Lebenssituationen begleiten kann, was es bedeutet kann, in dieser 100-jährigen Tradition zu stehen, das konnte man sich in diesem Kirchenkonzert ein wenig erahnen.
Über 60 Prozent der Chöre in Deutschland sind kirchlich geprägt, bemerkte Bürgermeisterin Sylvia Braun in ihrem kurzen Grußwort. Sie freue sich, dass Bruchköbel einen so aktiven Singkreis habe, auch wenn dieser in den letzten Jahren arg gelitten hätte. Auch Dekan Lückhoff brachte seine Freude und Dank in wenigen Worten zum Ausdruck aus. Er dankte den Sängerinnen und Sängern dafür, dass sie regelmäßig probten, um den richtigen Ton zu treffen. Er dankte dem gesamten Vorstand, ohne dessen verantwortliches Handeln ein Chor nicht singen könne. Lückhoff wünschte dem Singkreis Musik, die die Herzen bewege. Musik schaffe etwas, was die Predigt nicht erreichen könne, einen Hoffnungsraum für die Gemeinde und die Stadt Bruchköbel.