Kirchengemeinde Bischofsheim verabschiedet Pfarrer Jens Heller mit einem musikalischen Gottesdienst und vielen persönlichen Worten
Nein, leicht gemacht haben die Bischofsheimer es „ihrem“ Pfarrer Jens Heller nicht. Der zweistündige Verabschiedungs-Gottesdienst mit viel wunderbarer Musik, persönlichen, humorvollen und bewegenden Abschiedsreden weckte viele Erinnerungen und Emotionen. Da flossen nicht nur heimlich Tränen, aber am Ende gab es Standing Ovation für den scheidenden Pfarrer. Nach vielen Umarmungen sah man bei „Weck, Worscht und Woi“, bei Kaffee und Kuchen schon wieder fröhliche Gesichter.
„Was macht man für ein Gesicht an so einem Tag?“ fragte Pfarrerin Kirsten Schulmeyer und sprach damit vielen aus dem Herzen. „Wir feiern gerne Gottesdienst, aber heute ist uns zum Weinen und zum Lachen. Vor allem aber sind wir dankbar, dass Jens Heller uns 12 Jahre in Bischofsheim und zwei Jahre in der Kirchengemeinde Kilianstädten-Oberdorfelden begleitete.“ Unter den zahlreichen Besuchern des Gottesdienstes begrüßte Pfarrerin Schulmeyer unter anderem Bürgermeisterin Monika Böttcher, Pfarrer Hans-Hermann Klüh von der katholischen Gemeinde St. Theresia und die stellvertretende Dekanin des Kirchenkreises Hanau, Ines Fetzer.
Pfarrer Jens Heller, der bereits am 2. Juli in sein neues Amt als Dekan des Kirchenkreises Kirchenhain berufen wird, blickte überwiegend positiv auf seine herausfordernde Dienstzeit in Bischofsheim und Kilianstädten-Oberdorfelden zurück. Zur Wahrheit gehöre, dass die Kirchengemeinde in den letzten 12 Jahren von 3000 Mitgliedern auf 2200 gesunken sei. „Wir wachsen nicht mehr“, sagte Heller, aber dennoch sei die Kirche an vielen Tagen rappelvoll. Die Gemeinde habe sich neu aufgestellt, entwickelt und verändert. „Vor zwei Monaten habe ich den Bauantrag für das neue Gemeindehaus eingereicht. Wir sind nicht klein, wir sind gewachsen an den Herausforderungen.“ Wenn alle an einem Strang ziehen, dann sieht eine fröhliche Zusammenarbeit nicht wie Arbeit aus. Heller erinnerte daran, dass während der Corona-Krise die Gemeinde aufgrund ihrer guten Kooperation sofort mit Video-Gottesdiensten am Start war. Gewachsen ist die Gemeinde auch an den Konflikten, die ausgetragen wurden. “Diese waren wichtig und lehrreich und so haben wir herausgearbeitet, was wir wollen.“, sagte Heller. Er wusste jedoch, dass er bei schwierigen Entscheidungen immer auf die Rückendeckung des Kirchenvorstandes vertrauen konnte. In Kilianstädten-Oberdorfelden sah sich der Pfarrer mit einer Kita, mit Corona und Personalmangel ganz neuen Herausforderungen gegenüber. Jetzt stehe sozusagen „mittendrin“ der Abschied an. Gerne hätte er den Neubau begleitet und in puncto Kirchenmusik kann er nur verlieren. Er gehe reich an geistlicher Erfahrung, gelassen, ruhig und im tiefen Vertrauen auf Gott, im Vertrauen darauf, dass „Gott uns wachsen lassen lässt“, sagte Heller, der seine für seine Predigt zum „Gleichnis vom Wachsen der Saat“ großen Applaus erhielt.
Die stellvertretende Dekanin Ines Fetzer hatte die Aufgabe übernommen, Pfarrer Heller für den Kirchenkreis offiziell aus dem Amt zu verabschieden und ihm den Segen zuzusprechen. Sie erinnere sich gerne an die „Szenen einer Pfarrerehe“, die sie selbst als Katharina von Bora und Pfarrer Jens Heller als Martin Luther zur Aufführung gebracht hatten. Sie habe Pfarrer Heller als Seelsorger, Prediger und Organisator kennengelernt. Als stellvertretender Dekan habe er seine Stimme auch in schwierigen Situationen erhoben und über die Gemeindegrenzen hinaus auf die Region geblickt. Für den neuen Lebensabschnitt wünschte sie Zuversicht, Zugewandtheit und Engagement und viele schöne Momente.
Kerstin Slowik, Bereichsleitung Hospizdienst der Vereinte Martin Luther und Althanauer Hospital Stiftung, dankte Silke Heller für ihren Einsatz in der Hospizarbeit. „Du hast mit Herz und Verstand über eineinhalb Jahre Menschen im Leben und Sterben begleitet, dich mit Ideen, Wissen und Arbeit in die Stiftung eingebracht und die Palliativarbeit mitgeprägt. Alles Gute und Gottes Segen.“
Pfarrerin Schulmeyer verabschiedete die Familie, sie sprach Ehefrau Silke und den drei Töchtern nach einer kurzen Ansprache den Segen zu.
Nach diesen bewegenden Momenten tat es gut, von Pfarrer Hans-Hermann Klüh ein humorvolles Grußwort zu hören „Wir haben vieles erlebt, geleistet und zusammen gelacht“, sagte Klüh über die Zusammenarbeit und gelebte Ökumene in Bischofsheim, die bis zur „Ökumenischen Kantorei“ reicht. Dass er 2017 zu Luthers Thesen in der evangelischen Kirche stehen und predigen würde, hätte er kaum für möglich gehalten. „Ich glaube, Martin Luther hätte dazu ‚ja‘ gesagt“ war damals die Anmerkung von Pfarrer Heller.
Bürgermeisterin Monika Böttcher sagte, der Gottesdienst sei ihr nahe gegangen. Auf wunderbare Weise hätten die Menschen zum Ausdruck gebracht, welche Anerkennung, Wertschätzung und Zuneigung sie für Familie Heller empfinden würden. Böttcher dankte für die gute Zusammenarbeit und das gute Miteinander bei der Umgestaltung des Marktplatzes, bei der Verpachtung des Grundstücks für das Bürgerhaus oder bei der Aufstellung des Kunstwerks auf dem Kirchenvorplatz. Sie freue sich über eine offene und lebendige Kirche und erlebe eine positive Grundeinstellung. Zu ihrem Abschiedspräsent aus Hochstadt scherzte Heller: „Getränke von Streuobstwiesen nach Marburg zu bringen, ist Missionsarbeit“ und lockerte die Stimmung auf.
Humoristisch blickte auch Pfarrerin Annegret Zander als Sprecherin des Kooperationsraums „Kurhessische Riviera“ auf die Zusammenarbeit mit Pfarrer Heller zurück. Er habe durch sein Zutun Verbindung und Verbundenheit geschaffen.
Der Kirchenvorstand nahm nach 12 Jahren und über 200 Sitzungen schweren Herzens Abschied. „Wir haben es dir nicht immer leicht gemacht.“ Oft hieß es: „Nö, da brauchen wir mehr Infos.“ Der Spaß sei jedoch nie zu kurz gekommen und gemeinsam habe man „einiges gewuppt.“ Gerne hätte man 12 weitere Jahre mit Pfarrer Jens Heller zusammengearbeitet.
Den Neubau des Gemeindehauses, ein Meilenstein in der Geschichte der Kirchengemeinde, wird Heller nun nicht mehr begleiten. Von seiner Pfarrkollegin gab es zum Abschied ein Paket Bausteine: „Damit das Kind in dir nicht verloren geht“, sagte Schulmeyer und fügte hinzu: „So unterschiedlich wir auch sind, wir haben an einem Strang gezogen. Wir haben viel zusammen gelacht, – aber heute ist es mal furchtbar.“
Mit dem Wunschlied „Jesus said if you go“ stand Jens Heller das letzte Mal mit dem Gospelchor im Altarraum – und wurde mit Standing Ovation seiner Gemeinde aus dem Gemeindedienst entlassen. Nach dem Gottesdienst wollten die Umarmungen und guten Worte kein Ende nehmen.