Liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie schon einmal einen Escape-Room ausprobiert? Ich hatte bislang nicht die Gelegenheit (oder habe die auch nicht wirklich gesucht, da mir das Ganze unheimlich war) – aber manchmal hängen Schauder und Faszination ja ganz eng zusammen. Eine Gruppe, die einen Escape-Room besucht, lässt sich einschließen in einem Raum, der meist mit einem bestimmten Thema zu tun hat, und der über und über mit Rätseln gespickt ist. Jedes gelöste Rätsel führt die Teilnehmer*innen näher zum Ziel: Zum Schlüssel in die Freiheit. Natürlich gibt es Sicherheitsvorkehrungen oder auch Tipps, wenn man die braucht.
Obwohl das alles nach einem spaßigen Event für den Betriebsausflug, den Kindergeburtstag oder das Familientreffen klingt – die Vorstellung eingeschlossen zu werden, kann beunruhigen. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht besonders großartig im Anschluss die Tür zu öffnen, weil man alles richtig gemacht hat!
Ich denke also: Menschen haben Freude an Escape-Rooms, weil der Weg in die Freiheit beglückend sein kann. Und weil es Spaß macht Stück für Stück der Freiheit näher zu kommen. Eingeschlossen sein und sich auf den Weg Richtung offene Zukunft machen – das gehört zu den ganz großen Themen, die Menschen bewegen. Angefangen bei der Geburt: Irgendwann ist aus der Geborgenheit im Körper der Mutter Enge geworden und das Leben außerhalb dieses Körpers beginnt. Oder bei der Suche nach einem neuen Job: Ich möchte nicht weiter abhängig sein von bestimmten Strukturen oder fehlendem Geld oder einem Mangel an Aufgaben und fange an den Blick zu weiten. Oder auch ganz elementar: Das sichere und unbeschwerte Leben in meiner Heimat ist nicht mehr möglich für mich und meine Familie – und der unsichere Weg in die Zukunft wird in Kauf genommen.
In der Bibel ist Mose eine schillernde Figur, wenn es um den Weg in die Weite geht. Immer wieder (Schritt für Schritt, wie bei den Rätseln in einem Escape-Room) lösen sich für ihn die Umstände so auf, dass es weitergeht. Als Säugling wird er versteckt und schließlich in einem Körbchen dem Nil anvertraut – bis die Tochter des Pharao ihn findet. Welcome to the next level! Als junger Mann wird ihm das Pflaster in Ägypten zu heiß und er flieht – bis er bei Jitro und seinen Herden eine Bleibe findet und seine Frau kennenlernt. Wieder ein Neuanfang. Dann begegnet er Gott am brennenden Dornbusch und erhält die Aufgabe die versklavten Israelit*innen aus Ägypten herauszuführen – er sträubt sich und windet sind, aber Gott und er finden einen Weg miteinander. Und schließlich ist die Mosegeschichte nicht nur eine Erzählung über das Geschick eines Einzelnen, sondern dreht sich um die Sehnsucht vieler Menschen und Familien nach Freiheit, nach einem Neuanfang.
Was mir daran gefällt: Im Nachhinein scheint es zwar so, als organisiert da einer von oben das alles schon genau richtig, aber wer drinsteckt, für den sieht die Welt ganz anders aus. Da sind eigene Entscheidungen gefragt, geschickte Kommunikation, Zusammenhalt. Und da kann auch einiges schiefgehen. Die Rolle, die Gott in der Mosegeschichte spielt, ist deshalb für mich auch nicht die eines Puppenspielers – sondern die eines Gottes, der durch all die inneren und äußeren Konflikte mitgeht.
Am Sonntag findet in Niederdorfelden die Trubelkirche statt: Und das Team lädt große und kleine Menschen und Familien ein, sich mit Mose auf den Weg durch seinen Escape-Room zu begeben. Eingeschlossen wird da wohl niemand, aber es müssen Schlüssel zu neuen Türen gefunden werden! Herzliche Einladung!
Beste Grüße, Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann & Tobias Heymann